Anikó Glogowski-Merten

Freihaus-Artikel Februar 2023 - Turbulente Eindrücke

Anikó auf dem Freibeuterwagen (Foto: Rainer Schoensee) und vor der russischen Botschaft mit Ukraine-Flagge.
Anikó auf dem Freibeuterwagen (Foto: Rainer Schoensee) und vor der russischen Botschaft in Berlin mit einer Ukraine-Flagge. 

Der Februar begann im Bundestag mit einer Rückschau zurück zur Documenta. Denn mit dem Abschlussbericht des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der Documenta Fifteen haben wir, durch die fachliche Analyse ihrer vier hauptstrittigen Arbeiten, tiefere Einblicke in ihre Problematik bekommen und Lösungsansätze für die Zukunft besprechen können. Klar ist, eine Documenta ohne Konzept wird es nicht nochmal geben. Auch in der Kunst müssen wir bei öffentlichen Veranstaltungen klare Verantwortungsstrukturen und Feedback-Mechanismen schaffen, die Vorfälle wie den Antisemitismusskandal der Documenta Fifteen verhindern und  bereits im Vorfeld der Planungsphase erkennen und reflektieren.

Die Documenta ist das größte Kunstfestival der Welt und ein kulturelles, bundesgefördertes Aushängeschild Deutschlands. Daraus wächst ein Bildungsauftrag, der bewusst wahrgenommen und für jede Documenta gesondert mitgedacht werden muss. Die Debatte um die Ausgestaltung dieses Ziels wird weiter fortgeführt werden müssen. Ich bin aber froh zu wissen, dass das Problem angepackt wird und wir hier die Chance haben, konstruktiv zu gestalten. 

Mit dem Beginn der Karnevalssaison und dem Auftakt der Berlinale ging der Februar kulturgeladen weiter. Zum einen im meinem Wahlkreis: Ich habe endlich den Braunschweiger Karneval, nach langer pandemiebedingter Pause, wieder wie gewohnt mit meiner Herzensstadt feiern können! Dieses Mal habe ich sogar das erste Mal einen richtigen Karnevalszug miterlebt- Als Braunschweiger Freibeuterin in der Rolle einer La Catrina. La Catrina soll an den mexikanischen Karneval „Día de Muertos“ erinnern, wo Leben und Tod kaum voneinander zu trennen sind. So erleben wir es auch in diesen turbulenten Zeiten, wir leben zwischen Freude, und Leid, erleben Karneval und gleichzeitig Krieg auf unserem Kontinent. Wichtig ist hierbei das große Ganze im Blick zu behalten und sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der wir frei und in Frieden leben können. 

Die Karnevalssaison wie auch die Berlinale haben uns erneut die Situation der Veranstaltungswirtschaft vor Augen geführt, die noch immer stark von der Krise betroffen ist. Um Veranstaltungen wieder wie gewohnt fortzusetzen, müssen große finanzielle Hürden überwunden werden. Dazu kommt, dass die Pandemiejahre den bestehenden Fachkräftemangel enorm verstärkt haben. Ein klares Zeichen dafür, dass die Politik weiterhin mit der Branche im Gespräch bleiben und gemeinsam nach Lösungen suchen muss. Insbesondere die Zugänglichkeit von Fördermitteln für die Branche ist eine Stellschraube, an der wir gemeinsam drehen können und müssen. Jedes Jahr bleiben unzählige Fördermittel  des Bundes für Kultur unverwendet. Das sind Gelder, die nicht abgerufen, aber gleichzeitig dringend benötigt werden. Das Hauptproblem hierbei sind unklare Kommunikationswege; Unsicherheit bei den potentiellen Antragsstellenden über die Fördervoraussetzungen, sowie die mangelhafte Kenntnislage über vorhandene Fördermöglichkeiten. Eine präzisere und flächenübergreifende Informationsstrategie zu vorhandenen und zukünftigen Förderungsmöglichkeiten ist ein Ziel, das wir im Rahmen der Digitalisierung unserer Verwaltung effektiv verwirklichen können.

So schön der Februar mit dem Karneval und der Berlinale begann, so erschreckend führt er uns auch vor Augen, dass nun seit mittlerweile einem Jahr Krieg in Europa herrscht. Putins Angriffskrieg in der Ukraine wird weiter fortgesetzt, die russische Aggression hält an. Es ist keine Selbstverteidigung, wenn man immer wieder unter fadenscheinigen Vorwänden in andere Länder einfällt, um eigene Großmachtfantasien auszuleben. Frieden und Sicherheit sollten stets unser oberstes Ziel sein. Für dieses Ziel müssen wir uns vereint einsetzen. Deswegen ist es von zentraler Bedeutung die Ukraine weiterhin zu unterstützen, mit humanitärer und mit militärischer Hilfe. 

Erschütternd kamen auch die Nachrichten von verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei, die bis heute anhalten. Am 6. Februar erschütterte ein Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei und den Norden Syriens, kurze Zeit später folgte ein zweites Beben der Stärke 7,6. Mehr als 47.000 Menschen kamen laut afp und dpa bislang ums Leben, 1,5 Millionen Menschen sind obdachlos geworden. Die Bundesregierung und die Europäische Union haben Hilfe in Form von Bergungsteams sowie finanzielle Unterstützung an regional tätige Hilfsorganisationen gesendet. Mittlerweile sind Hilfskräfte aus über 23 Ländern vor Ort. Doch damit ist leider noch nicht alles getan.

Es folgen weitere Erdbeben in der selben Region, das jüngste am 21. Februar. Die anhaltenden Beben machen den Wiederaufbau von kritischer Infrastruktur und den Zugang zu lebenserhaltender Versorgung enorm schwierig. Gleichzeitig häufen sich die Zahlen der Toten und Verletzten. Wir müssen uns weiterhin für eine schnelle und effektive Unterstützung der Rettungskräfte vor Ort einsetzen. Das Wiederherstellen von kritischer Infrastruktur, wie Hygienestationen ist ein maßgeblicher Schritt um das Leben der Zivilgesellschaften zu sichern und den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern. Wer den Willen und die Möglichkeiten zu spenden hat, kann sich beispielsweise an die Bündnisorganisation Aktion Deutschland Hilft wenden. Sie ist als Bündnis von über 20 Hilfsorganisationen bereits in der Erdbebenaktion aktiv und leistet dort medizinische Hilfe, Bergungsarbeit und Nahrungsversorgung. Ein besonderer Dank geht an die vielen ehrenamtliche*n und hauptberufliche*n Helfer*innen die die humanitäre Hilfe vor Ort erst möglich machen.