Freihaus-Artikel Juni 2024: Ukraine - Ein Land kämpft für Europa.
Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Berichterstatterin für die Ukraine berichte ich in diesen Monat von der Ukraine-Wiederaufbau-Konferenz, die dieses Jahr in Berlin stattfand. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Deutschland und die EU den ukrainischen Staat weiterhin unterstützen. Diese Unterstützung sollte nicht nur durch Waffenlieferungen und humanitäre Hilfe erfolgen, die zweifellos notwendig sind, sondern auch durch Maßnahmen im Bereich Transformation und Wiederaufbau.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat verheerenden Folgen: massive Zerstörung von Infrastruktur, zahlreiche zivile Opfer, Millionen von Menschen auf der Flucht, schwerwiegende wirtschaftliche Schäden und eine humanitäre Krise. Zudem hat der Konflikt geopolitische Spannungen verschärft und globale Energie- sowie Lebensmittelmärkte destabilisiert. In den letzten Monaten steht auch die Energiesicherheit des Landes unter Bedrohung. Nicht nur Kraftwerke sind durch die Raketenangriffe betroffen, sondern auch die zivile Bevölkerung. Wärmekraftwerke sind entweder beeinträchtigt oder ruiniert, und die Stromversorgung ist erheblich eingeschränkt. Gleichzeitig rückt der nächste harte Winter immer näher.
Die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz zielt darauf ab, umfassende Unterstützung für die Ukraine zu mobilisieren. Sie fördert die Vernetzung auf kommunaler Ebene, integriert neue Akteure und stärkt die Solidarität der EU-Staaten. Rund 2.000 Vertreter aus 60 Ländern trafen sich am 11. und 12. Juni in Berlin zur dritten Konferenz dieser Art, um den Wiederaufbau der Ukraine zu diskutieren. Die Konferenz soll Akteure aus verschiedenen Sektoren und Organisationen vernetzen und Initiativen in der Unternehmensförderung sowie Fachkräfteausbildung vorantreiben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte die Notwendigkeit militärischer Unterstützung in seiner Rede, einschließlich im Bereich der Luftverteidigung.
Die Finanzgarantie und die Unterstützung im Energiesektor sind besonders wichtige Themen, die auf der Konferenz behandelt wurden. Eine der bedeutendsten Entscheidungen für die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger war die Bestätigung einer Finanzgarantie: Es wurde ein Abkommen in Höhe von ca. 1,4 Milliarden Euro zur Unterstützung des Wiederaufbaus und der Erholung des Landes unterzeichnet. Die Kosten der Schäden durch den Krieg betragen ungefähr 500 Milliarden Dollar. In diesem Zusammenhang ist es umso wichtiger, dass nach dem G7-Gipfel in Italien beschlossen wurde, die Einkünfte aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten in Beschlag zu nehmen, um den Wiederaufbau der Ukraine und ihre Verteidigungsfähigkeit weiter zu fördern. Dank europäischer Unterstützung und ukrainischer Anstrengungen hat sich die Verteidigungsindustrie stark weiterentwickelt. Dennoch bedeutet dies nicht, dass die Ukraine keine weitere Unterstützung in diesem Bereich benötigt. Militärische Unterstützung bleibt notwendig, um einen umfangreichen Wiederaufbau zu ermöglichen und zu sichern.
Der Energiesektor, der derzeit unter erheblichen Schäden leidet, steht ebenfalls im Fokus. Seit Wochen führt Russland nahezu ununterbrochene Angriffe auf das ukrainische Energienetz durch, wodurch Hunderttausende Menschen ohne Strom bleiben. Die Infrastruktur und der Energiesektor benötigen dringend einen Wiederaufbau, ebenso wie der Finanz- und Wirtschaftssektor.
Hierbei steht auch der Privatsektor im Mittelpunkt. Neben den Vertreterinnen und Vertretern der Bereiche Energie, Gesundheit, Logistik und Verteidigung nahmen auch Repräsentanten von Kommunen und der Zivilgesellschaft an der Konferenz teil und stellten ihre Ansichten und Projekte auf dem „Recovery Forum“ vor. Zum ersten Mal sind auch der soziale und gesellschaftliche Wiederaufbau thematisiert worden. Themen wie Bildung, Gesundheit und soziale Teilhabe sowie der Wiederaufbau von Gemeinden und Regionen wurden ausführlich diskutiert. Der besondere Akzent liegt auf den Kommunen, der Partnerschaft unter ihnen, der Selbstverwaltung dieser und den Schwierigkeiten, vor denen die kleineren Gemeinden und Städte stehen.
Wir sollten anerkennen, dass die Ukraine in beispielhafter Weise Beiträge für Europa leistet und dabei wichtige Lehren für uns bereithält. Angesichts ihrer bemerkenswerten Verteidigungsbereitschaft könnte die Ukraine als Modell für eine „europäische Armee“ dienen, von der wir viel lernen können. Damit die Ukraine diese schwierige Aufgabe bewältigen kann, müssen wir als europäische Mitgliedstaaten weiterhin unsere Kräfte für den Wiederaufbau und eine zweifellose Unterstützung einsetzen. Wir, die Freien Demokraten, stehen auf der Seite der Freiheit, des Friedens, der Sicherheit und der Demokratie. Für uns ist die uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine eine Selbstverständlichkeit.
Da weiterhin ein baldiges Ende dieses Angriffskrieges nicht zu erwarten ist, sollten Deutschland und die EU entschlossen an der Seite der Ukraine stehen und weiterhin Unterstützung, Investitionen und Hilfe fördern. Die Zeit, die Ukraine wieder aufzubauen, ist nicht erst am Ende dieses Krieges, sondern jetzt. Wir dürfen nicht warten, die Unterstützung zu forcieren und die Ukraine auf ihrem Weg nach Europa zu unterstützen.