Anikó Glogowski-Merten

Freihaus-Artikel November 2024: 1000 Tage Ukraine-Krieg

1000 Tage Krieg in der Ukraine: der 19. November 2024 ist ein trauriger Meilenstein im Angriffskrieg Russlands, eines Krieges, den die Ukraine für ganz Europa führt. Dieser Meilenstein fällt in eine Zeit der Umbrüche. Die Ampel-Regierung ist beendet, die Vereinigten Staaten von Amerika haben mit Donald Trump einen neuen Präsidenten gewählt, der die europäische Sicherheitspolitik zu deutlichen Veränderungen zwingen wird.

Unter diesen Vorzeichen ist eines klar: Wir können und dürfen uns in Deutschland und Europa nicht mehr auf die USA verlassen. Deutschland selbst muss wehrfähiger werden – ein Vorhaben, das viele Jahre in Anspruch nehmen wird – und wir müssen auf dieser Seite des Atlantiks noch mehr dafür tun, dass die Ukraine den Krieg gegen Putins Russland gewinnt.

Der Ukraine steht der dritte und bisher härteste Kriegswinter bevor, während Putin gezielt Infrastruktur zur Energieversorgung angreifen lässt. Und während Bundeskanzler Scholz zum ersten Mal seit Jahren mit Putin telefonierte, fielen Bomben auf die Ukraine in einem der heftigsten Luftangriffe seit Kriegsbeginn. Wenn diese Gleichzeitigkeit eines zeigt, dann, dass Diplomatie mit Russland so nicht funktioniert. Das Telefonat des Kanzlers mit Putin ist daher nichts als eine Inszenierung, die am Ende vor allem Putin hilft. Denn Scholz pflegt sein Image als Friedenskanzler, aber Putin kann in seinem Land Stärke zeigen, indem er trotz der Bemühungen des Westens weiter macht wie zuvor. 

Scholz‘ Schwäche hingegen zeigt sich außerdem beim G20-Gipfel, wo es nicht einmal gelungen ist, eine gemeinsame Formulierung zum Angriffskrieg in der Ukraine zu finden, die Russland klar als Kriegspartei und Aggressor benennt. Die wachsweiche Hinweis auf menschliches Leid und weitere Kriegsfolgen ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel.  

Wenn Russland zivile Infrastruktur zerstört, ist es notwendig, dass die Ukraine die Quellen dieser Angriffe austrocknet. Möglich ist das nur mit Angriffen auf Versorgungslinien und militärischer Infrastruktur auch auf russischem Staatsgebiet. Das Völkerrecht gestattet dieses Vorgehen, doch noch fehlen der Ukraine dazu geeignete Waffensysteme.

Am vergangenen Wochenende hat Joe Biden sein Zögern aufgegeben und der Ukraine den Einsatz von ATACMS-Raketen auf russischem Gebiet erlaubt. Dies ist eine folgerichtige Reaktion in einer Situation, in der nordkoreanische Soldaten für Russland kämpfen. Für Deutschland könnte diese Entscheidung ein entscheidendes Momentum bedeuten. Die FDP fordert seit langem die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, auch Robert Habeck signalisiert nun den Willen dazu. Die SPD ist damit der einzige ehemalige Ampel-Bestandteil, der der Ukraine weiterhin dieses wirksame Mittel zur Selbstverteidigung versagen will. Dabei bedeuten die richtigen Waffen in der Hand der Ukraine nicht nur einen Vorteil auf dem Schlachtfeld, sondern auch ein Druckmittel für Verhandlungen mit Russland - denn Russland wird erst verhandeln, wenn es militärisch nicht weiter kommt. 

Die FDP-Fraktion wird noch in diesem Jahr einen Antrag in den Bundestag einbringen, der Taurus-Lieferungen an die Ukraine ermöglichen soll.