Anikó Glogowski-Merten

Freihaus-Artikel Oktober 2024: Nationale Sicherheitsstrategie: Miteinander arbeiten, nicht aneinander vorbei

„Nationale Sicherheit“, das klingt vor allem nach Bundeswehr und Polizei, nach physischen Angriffen auf unser Land und unsere Bürger. Doch dahinter steckt viel mehr, und das alles will die Nationale Sicherheitsstrategie in den Blick nehmen, die die Bundesregierung im Sommer 2023 vorgelegt und über die der Bundestag nun erneut debattiert hat.

Wie gefährlich die Bedrohungen sind, zeigt beispielsweise ein Blick nach Georgien oder Moldau, wo in den vergangenen Wochen und Monaten Russland viel dafür getan hat, die Politik und Wahlen zu beeinflussen. Wie real für Deutschland, zeigen die Nachrichten hier: ein Brand in einer Metallfabrik eines deutschen Rüstungsunternehmens. Cyberangriffe auf Krankenhäuser, bei denen Daten verschlüsselt werden, um Lösegeld zu erpressen. Zerstörte Unterseekabel durch chinesische Schiffe. Aber auch: Folgen der Klimaerwärmung, Ernteausfälle, Pandemien, Hackerangriffe auf Forschungseinrichtungen, das alles bedroht die nationale Sicherheit, das alles müssen wir sehen, wenn Deutschland wehrhaft sein will.

Darum hat der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche erneut über die Nationale Sicherheitsstrategie gesprochen. Denn es gibt Verbesserungsbedarf, noch immer hakt es an der Organisation und so manche Schwerpunkte sind bisher nicht berücksichtigt.

Beispielsweise fehlt eine Definition von kritischer Infrastruktur (KRITIS). Kliniken, Verkehrswege, Wasser-, Strom- und Gasversorgung – all das ist logisch und richtigerweise Bestandteil der KRITIS. Aber auch Forschungsinstitute müssen dazu gehören: Kaum auszudenken, was Cyberangriffe anrichten können, die sich gegen Forschung im Gesundheitsbereich oder potenziell militärisch wichtige Technologien richten.

Auch die Hochsee-Gebiete oder der Weltraum müssen konsequenter mitgedacht und eingebunden werden. Der Ausfall von Satelliten zum Beispiel kann weitreichende Folgen für nahezu alle Lebensbereiche haben. Denn da geht es nicht nur darum, ob wir morgens einen Regenschirm einpacken oder auf dem Weg ins Büro im Stau stehen – allein ein vorhandenes GPS-Signal kann darüber entscheiden, ob ein verunglückter Mensch rechtzeitig von Rettungskräften gefunden wird, und der Landwirt, der in Erwartung eines Sturms doch lieber noch in der Nacht seinen Weizen erntet, trägt zu unser aller Ernährungssicherheit bei.

Vor allem aber braucht die Nationale Sicherheitsstrategie einen organisatorischen Unterbau, der funktioniert! Wenn Warnungen im Zuständigkeitswirrwarr untergehen, wenn Kommunikationswege zu lang ist sind, wenn Entscheidungen zwischen Ebenen hin und her geschoben werden, dann hat die beste Strategie keinen Sinn. Es muss dringend ein Forum geschaffen werden, in dem Außen-, Verteidigungs- und Innenpolitik nicht nebeneinander her, sondern miteinander arbeiten, in dem Länder und Kommunen regelhaft eingebunden sind, in dem Entscheidungen schnell und in enger Abstimmung miteinander getroffen werden können. Dieses Forum sollte ein Nationaler Sicherheitsrat sein, den die FDP schon lange fordert. Hier sollten sich unsere Koalitionspartner bewegen, denn bei aller liberalen Abneigung gegen überflüssige Gremien und Strukturen ist es offensichtlich, dass der Rat viele der aktuellen Probleme in der Kommunikation lösen könnte.

Wenn wir über Zusammenarbeit und Sicherheit sprechen, drängt sich übrigens noch ein weiteres Thema auf: das Sicherheitspaket, das der Bundestag in der vergangenen Woche beschlossen hat und das nun in seinen wichtigsten Teilen vom Bundesrat bestätigt wurde. In Hinblick auf die Befugnisse von Bund und Ländern sowie die datenschutzrechtlichen Fragen wird die Bundesregierung in Verhandlungen gehen, um Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.