Anikó Glogowski-Merten

Freihaus-Artikel September 2024: 75 Jahre Deutscher Bundestag: Demokratie schätzen und schützen

Vor 75 Jahren fand die erste Sitzung des Deutschen Bundestages statt – ein Ereignis, das nicht nur eine neue Ära in Deutschland markierte, sondern auch den Grundstein für unsere Demokratie legte. Heute, nach Jahrzehnten voller Herausforderungen und Erfolge, nutzen wir dieses Jubiläum, um auf die Leistungen und Mühen derjenigen zurückzublicken, die unsere politische Landschaft geformt haben.

Vom Wiederaufbau in einer kriegszerstörten Nation bis hin zu den aktuellen globalen Herausforderungen hat der Bundestag als Herzstück der deutschen Demokratie fungiert. Dieser Jahrestag erinnert uns an die Bedeutung unserer Demokratie, und daran ihre Werte kontinuierlich zu schützen und zu verteidigen.

Dabei wird die Rolle von Kunst und Kultur im Schutz unserer demokratischen Werte immer deutlicher. In einer Zeit, in der autoritäre Tendenzen zunehmend um sich greifen, bieten sie nicht nur Halt, sondern fördern auch den kritischen Diskurs und das öffentliche Engagement, die für eine lebendige Demokratie unerlässlich sind. Sie schaffen Räume, um gemeinsam zu reflektieren, unsere Gesellschaft und ihre Themen zu hinterfragen und aus diesem Impuls heraus zu gestalten. Sie fördern den Austausch und die Gemeinschaft über unsere sozialen Kreisen hinaus und bauen Brücken, die uns als Gesellschaft zusammenführen. Genau das sind die Fähigkeiten und Voraussetzungen, die wir für einen lebendigen demokratischen Diskurs brauchen.

Umso wichtiger ist, dass wir uns zielgerichtet mit Kulturförderung befassen. Ich bin Dr. Gerhart Baum sehr dankbar, dass er in seiner Rede anlässlich der Feierstunde zum 75. Jahrestag der ersten Bundestagssitzung die Rolle der Kunst und Kultur betonte. Er sagte: „Sie gibt den Menschen Orientierung, sie gibt ihnen Halt. Sie weist in die Zukunft.“ Er hob den Stellenwert der Kulturpolitik im Bund hervor, die immer mehr zum richtungsweisenden Leuchtturm wurde; eine Strahlkraft, die sich die Kulturschaffenden gerade nach der Pandemie so sehr gewünscht haben.

Für den Bundeskulturetat stehen 2025 insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung, die unsere vielfältige Kulturlandschaft unterstützen sollen. Die Bundesregierung hat trotz multipler Krisen in ihrem Entwurf wieder mehr als solide Mittel für den Bundeskulturhaushalt bereitgestellt.

Das zeigt, dass Kultur in unserem Land einen hohen Stellenwert hat. Aber wir wissen auch: Geld allein reicht hier nicht. Es braucht eine verlässliche und vorausschauende Kulturpolitik, die den Bedürfnissen der Kulturschaffenden gerecht wird und nachhaltige Strukturen stärkt. Denn was dieser Entwurf des Kulturetats aufzeigt, ist die fehlende Konstanz und Verlässlichkeit in der Kulturpolitik der Staatsministerin. Jahr für Jahr ändern sich die Prioritäten, ohne dass ein langfristiges und nachhaltiges Konzept erkennbar wäre. Jetzt zeigen wir die Richtung auf, in die die Kulturpolitik gehen soll. Was mir fehlt, ist eine klare Vision: Was möchte unsere Staatsministerin in ihrer Amtszeit erreichen? Wofür steht die Kulturpolitik? Welche langfristigen Ziele werden verfolgt? Es scheint, als ob hier eher auf eine kurzfristige politische Notwendigkeit reagiert wird, als dass eine kohärente und nachhaltige Strategie verfolgt wird. Dabei wäre es gerade jetzt, in Zeiten vielfältiger Krisen, so wichtig, die kulturelle Infrastruktur in Deutschland mit einem klaren Fahrplan zu stabilisieren und zu stärken: kein Hü und Hott und Klein-Klein, sondern zielgerichteter, nachhaltiger Mitteleinsatz zur Stärkung zentraler Strukturen und Programme unserer Kulturlandschaft. Wir müssen uns fragen, was für Deutschland wichtig ist. Was macht Deutschland aus? Wenn man diese Fragen stellt, bekommt man die Antwort zu den zentralen Bausteinen.

Dieses Jubiläum fordert uns auf, nicht nur in der Vergangenheit zu verweilen, sondern aktiv und entschlossen nach vorne zu schauen. Es geht darum, Wege zu schaffen, auf denen zukünftige Generationen sicher in eine demokratische Zukunft geführt werden können, gestärkt durch das Bewusstsein, dass ihre Freiheiten durch kulturelle Vielfalt und kreativen Austausch geschützt sind. Und gestärkt durch das Bewusstsein, dass jede einzelne Person etwas bewirken kann. 

In diesem entscheidenden Moment unserer Geschichte ist es wichtiger denn je, daran zu erinnern, dass jede Stimme zählt und jeder Beitrag wichtig ist. Nutzen wir diese Gelegenheit, um unsere Demokratie mit Engagement und einer starken Verpflichtung zur Freiheit und Gerechtigkeit zu stärken. Kultur ist nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern auch ein kraftvolles Werkzeug, das uns lehrt, täglich für unsere demokratischen Werte einzustehen miteinander zu kommunizieren und zu gestalten.