Anikó Glogowski-Merten

Freihausartikel März 2022: Putins Krieg gegen freiheitlichen Werte

Aufgrund der aktuellen Situation werde ich in diesem Artikel von meinem regulären Tagebuch einer neuen Abgeordneten abweichen. Denn die Lage ist ernst und allgegenwärtig.

Während in der Ukraine viele Zivilisten nach den Waffen greifen, um sich Putins Armee in den Weg zu stellen, gehen auch in Russland tausende Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, um gegen Putins Krieg zu demonstrieren. Die persönlichen und politischen Folgen, die dieser öffentliche Widerspruch für den oder die Einzelne haben kann - vielleicht sogar für die eigenen Angehörigen, sind leider unabsehbar geworden.

Putin führt schon lange einen Krieg gegen freiheitliche, liberale Werte, nach denen die Ukraine, aber auch große Teile der russischen Bevölkerung streben. Die letzten Tage haben seinen gescheiterten Plan der Eroberung der Ukraine entlarvt. Ebenso wie seinen Traum einer neuen, russischen Großmacht.

Dass Putin und sein Regime den Zeiten der Sowjetunion nachtrauern, ist kein Geheimnis. Ebenso unvergessen sind jedoch die Verbrechen und Zwangskollektivierungen Russlands in den durch die Sowjetunion besetzten Ländern. Jene sollten landeseigene Sprachen verdrängen, kulturelle Identitäten brechen, die Gesellschaften „russifizieren“ und die Bevölkerung diverser Länder zwanghaft „einen“. Alles, während sich das russische Regime an den unterdrückten Ländern bereicherte.

Eine ähnliche scheinbare Einheit zu erzeugen, versucht Putin schon seit Jahren durch Propaganda, die über die staatseigenen Medien verbreitet wird. Der Entzug von Sendelizenzen, wie für die Deutsche Welle, und die Bedrohung unabhängiger Berichterstatter sind nur einige Beispiele von Putins Versuchen, die Wahrnehmung und das kollektive Gedächtnis von Millionen Menschen zu verfälschen. Putin führt einen Krieg der Medien, im Kampf um die Deutungshoheit von Bildern und Nachrichten.

Hinzu kommen gewaltvolle Militärinterventionen in Belarus und Kasachstan, in denen „Friedenstruppen“ entsandt werden, sobald sich die Bevölkerung gegen die vorherrschenden Autokratien erhebt. Das brutale gnadenlose Vorgehen in der Vergangenheit und in der Gegenwart zeigt aber auch deutlich: Putin fürchtet um seinen Machterhalt. Er fürchtet sich vor Demokratisierungsprozessen nicht nur im eigenen Land, sondern auch in den angrenzenden Staaten. Kann er diese nicht kontrollieren oder eindämmen, ist seine eigene Position gefährdet.

Die internationale Unterstützung der Ukraine ist daher bitter nötig. Denn es ist nicht zu beschönigen: In der Ukraine werden gerade unsere demokratischen, kulturellen und freiheitlichen Werte gegen Putins autokratisches Gewaltregime verteidigt. Durch mutige Zivilisten, Soldatinnen und Soldaten und Menschen, die Putins Propaganda die unverfälschten Bilder dieses Krieges entgegenstellen. Es braucht Solidarität und Schutz für Ukrainer, die nun vor der Gewalt fliehen müssen, Solidarität aber auch mit Russen, die sich offen oder im privaten gegen dieses brutale Regime stellen, aber auch die Mahnung, dass Freiheit, Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind. Es ist in unser aller Interesse, sie zu verteidigen. Die Ukraine führt diesen Kampf heute auch für uns.